Draußen sein in der Natur. Für Hundebesitzer Alltag. Viele nutzen das „Draußen sein“, um gemeinsam mit dem Hund joggen zu gehen. Dabei läuft der Hund entweder frei oder er ist an der Leine. Eine besonders sportliche Variante des „Laufens mit Hund“ ist Canicross. Ein Sport, der viele Facetten hat und aus Mensch und Hund ein sportliches Team macht.
Canicross ist ein Kunstwort und setzt sich zusammen aus dem Wort Canis (lateinisch für Hund) und Cross, im Sport ein Begriff für „Gelände“ oder „Querfeldein“. Beim Canicross laufen Mensch und Hund nicht nur gemeinsam, beim Canicross zieht der Hund den Menschen. In seiner Reinform ist Canicross ein Sport, der dem Menschen einiges abverlangt. Der Laufstil verändert sich grundlegend und verlagert sich stark auf den Vorfuß, die Flugphase wird länger und die Sportler erreichen sehr viel höhere Geschwindigkeiten als ohne Hund.
Was brauche ich für Canicross?
„Beim Canicross verbindet eine flexible Leine Mensch und Hund. Die Jöringleine (oder auch Ruckdämpfer-Leine) verhindert, dass der Hund während des Laufens zu starken Rucks ausgesetzt ist“, erklärt Anne Röhling, freiberufliche Mitarbeiterin bei pedag und leidenschaftliche Zughundesportlerin.
Der Mensch trägt beim Canicross einen speziellen Hüftgurt mit Beinschlaufen, der den Zug des Hundes optimal auffängt. Für Canicross sind handelsübliche „Jogginggurte“ nicht geeignet, denn die sitzen meist in der Taille und sorgen lediglich dafür, dass der Mensch beim Laufen die Hände frei hat. Ein Canicross-Gurt sitzt sehr tief auf der Hüfte.
Der Hund trägt beim Canicross ein Zuggeschirr. Diese Geschirre stammen aus dem Schlittenhundesport – dem Ursprung des Canicross. Ein Canicross Geschirr verläuft über den ganzen Körper des Hundes. Der Druckpunkt liegt am Brustbein, der Druck wird seitlich über den Brustkorb des Hundes bis zur Schwanzwurzel geführt, wo der Zugpunkt liegt. Dort wird die Leine mit Hilfe eines Karabiners am Geschirr befestigt. Ein gut passendes Zuggeschirr ist essentiell für diesen Sport. Ein normales Führgeschirr eignet sich nicht und gefährdet die Gesundheit des Hundes.
Unerlässlich beim Canicross sind auch gute Schuhe. „Ich laufe mit Trailschuhen, die ordentlich Profil haben. Die sehen nach jedem Lauf ziemlich mitgenommen aus, denn Canicross ist ein Wintersport. Ab Temperaturen von 18 Grad trainiere ich nicht mehr, davor nur kurze Strecken. Die Schuhe reinige ich hinterher mit dem pedag Combi Set. Einmal ordentlich einschäumen, abspülen und schon sind sie wieder sauber – bis zum nächsten Lauf.“
Welcher Hund eignet sich für Canicross?
„Beim Canicross trifft man inzwischen viele verschiedene Hunderassen an. Von klein bis groß ist alles möglich, solange der Hund lauffreudig ist, Spaß an der Zugarbeit hat und gesund ist. Ich selbst laufe mit einem Border-Collie-Mix und einer Setter-Mix-Hündin. Natürlich kann man ihre Leistung nicht mit denen von Zughunde-Rassen, wie Huskys oder Hounds vergleichen. Spaß macht es aber trotzdem, mit ihnen gemeinsam Canicross zu laufen.“
Canicross kann hart sein
„Canicross ist für mich die schönste Form des Zughundesports mit einem Hund. Mensch und Hund sind dabei so nah, so direkt miteinander verbunden. Bei einem Rennen gemeinsam ins Ziel zu laufen, das Glück im Gesicht und die Erschöpfung in den Beinen, gehört für mich zu den schönsten Erfahrungen, die man in diesem Sport machen kann“, erzählt Anne.
„Canicross kann aber auch echt hart sein. Nämlich dann, wenn man selbst nicht besonders fit ist. Das musste ich bei meinem ersten Start mit dem sehr zugstarken Husky einer Freundin bei einem Rennen lernen. Die fünf Kilometer lange Strecke bin ich so schnell gelaufen wie ich noch nie zuvor 5 Kilometer gerannt bin. Ich hatte aber auch direkt nach dem Zieleinlauf Muskelkater und konnte kaum noch laufen“, erzählt Anne von ihrem Start beim Schlittenhunderennen in Klaistow bei Berlin.
„Aktuell bin ich in einem Trainingszustand, in dem ich mich nicht mit einem starken Hund ins Canicross wagen würde. Die Belastung ist für den Körper zu hoch. Ich selbst habe zwei sehr leichte Hunde, aber auch die wollen, wenn sie ziehen sollen, schnell laufen. Und da komme ich aktuell nicht mit. Denn idealerweise läuft man beim Canicross das Tempo des Hundes“, so Anne weiter.
Canicross als Hindernislauf
Es gibt Canicross aber auch in einer etwas anderen Form. Als Hindernislauf für Mensch und Hund. Veranstalter wie Camp Canis oder StrongDog bieten solche Events, bei denen Teams aus mehreren Menschen und Hunden gemeinsam eine Strecke abgehen oder -laufen und dabei Hindernisse überwinden. Immer nach dem Motto: Alles kann, nichts muss. Die Streckenlängen variieren dabei zwischen fünf und 15 Kilometern, aber auch längere Läufe mit Hund sind möglich.
„Hindernisläufe mit Hund sind etwas ganz Besonderes. Sowohl bei Camp Canis als auch beim StrongDog bin ich mit meinen Hunden bereits gestartet. Anfang 2019 zum ersten mal mit meiner schüchternen Hündin Mette. Sie ist oft unsicher und sehr vorsichtig, einen Draufgänger kann man sie nicht nennen. Bei Camp Canis hat sie mir gezeigt was in ihr steckt und was sie sich traut, wenn wir gemeinsam die Dinge angehen.“, berichtet Anne.
Die Hindernisläufe sind weniger ambitioniert als reine Canicross-Rennen und eignen sich auch für Sportler, die gerade mit dem Canicross begonnen haben oder Sportler, denen es weniger um das Erreichen von Höchstgeschwindigkeiten geht als um das gemeinsame Erlebnis mit Hund.
Bikejöring – need for speed
„Über das Canicross bin ich schnell zum Bikejöring und zum Dogscooter gekommen. Gerade für das Training der Hunde ist diese Form des Zugundesports ideal. Leichte Hunde kann man am Rad besser unterstützen als beim Canicross und starke, schnelle Hunde können weniger geübte Läufer am Bike besser trainieren, ohne dabei gleich die eigene Gesundheit zu riskieren. Ich selbst bin zu Beginn meiner Canicross-“Karriere“ auf den Roller umgestiegen, weil ich mir von der ungewohnten Belastung beim Canicross ein Schienbeinkantensyndrom zugezogen habe. Wer mit dem Canicross anfängt, sollte das also dosiert tun“, rät Anne deshalb.
Beim Bikejöring sitzt der Mensch auf einem Fahrrad, in der Regel ist das ein Mountainbike. Der Hund trägt ein Zuggeschirr und der Hund ist über eine längere Jöringleine mit dem Rad verbunden. Die Leine ist am Rahmen des Bikes befestigt und verläuft durch eine Leinenführung nach vorn. Die so genannte Bikeantenne verhindert, dass die Leine, sollte der Hund abrupt stehen bleiben oder nicht konstant ziehen, in das Vorderrad gerät.
Bikejöring ist ein schneller Sport, bei dem eine feine Kommunikation zwischen Mensch und Hund enorm wichtig ist. Sekundenbruchteile und das schnelle Reagieren auf Gefahrensituationen entscheiden über Sturz oder eine reibungslose Fahrt. Die Hund-Mensch-Teams können dabei Geschwindigkeiten bis zu 40 km/h erreichen. „Beim Bikejöring habe ich die Sportsohle pedag Power im Schuh. Ich nutze einen Trailschuh mit einer relativ festen Sohle, für optimale Kraftübertragung vom Fuß aufs Bike. Die Sohle stabilisiert meinen Fuß dabei.“
Eine weitere Variante des Zughundesports mit nur einem Hund ist der Dogscooter. Bei offiziellen Rennen wird er in der Gespannklasse auch mit zwei Hunden gefahren. Der Dogscooter ist ein geländegängiger Tretroller, auf dem der Sportler steht bzw. hockt oder auf dem er durch kräftige „Tritte“ in den Boden mithilft. Dieses so genannte Pedalieren sieht ein bisschen aus als würde der Scooter-Fahrer nach hinten kicken.
Die Gespanne – Zughundesport mir mehreren Hunden
Wer sich mit Canicross beschäftigt, stößt schnell auch auf dessen Ursprung, den Schlittenhundesport. Während Canicross ein so genannter Monosport ist – also ein Mensch mit nur einem Hund – sind beim Schlittenhundesport nur größere Teams am Start. Gefahren wird aufgrund der Witterungsbedingungen hierzulande meist am Trainingswagen, einem vierrädrigen Wagen, auf dem der Schlittenhundeführer (genannt Musher) steht.
„Es ist beeindruckend auf einem Rennen zu sein und die großen Gespanne zu erleben. Die Energie, die die Tiere haben, den Drang, los zu wollen und endlich rennen zu dürfen. Das ist ansteckend, aber auch ein bisschen gewöhnungsbedürftig“, berichtet Anne.
„Über den Sport lernt man schnell Menschen kennen, auch Musher mit vielen Hunden, die sich eher auf Schlitten zu Hause fühlen. Im März erfülle ich mir einen Traum und fahre gemeinsam mit Freunden nach Schweden, in den Schnee, einen befreundeten Musher und seine Hunde besuchen. Das erste mal ein Gespann auf dem Schlitten im Schnee fahren. Ich habe mir sagen lassen, dass das eine unvergessliche Erfahrung sein wird: Der Mensch, die Hunde, die Stille, die Weite und der Schnee.“
Wir werden hier in unserem Blog darüber berichten.
Anne Röhling ist freiberufliche Mitarbeiterin bei pedag und leidenschaftliche Zughundesportlerin. Begann mit Canicross und betreibt mit ihren beiden Mischlingshunden inzwischen hauptsächlich Bikejöring und Dogscooter. Sie ist 2. Vorstand im Schlitten- und Zughundesport-Verein Hauptstadt Canicross.